Schwules, 1984-1986  
   

Die Bilder zu dieser Arbeit entstanden 1984-1986. Die neue deutsche Schwulenbewegung hatte gut zehn Jahre hinter sich und Homosexuelle begannen wieder Bilder der eigenen, von ephemeren Begegnungen und Sexualität durchsetzten Lebensweise zu entwerfen. Und es gab Möglichkeiten sie zu veröffentlichen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich ihre bildliche Erscheinung entweder auf pornographische Arbeiten - die es so zu jeder Zeit gegeben hatte - oder Fotografien beschränkt, in denen der Einzelne aus seinem Kontext separierte schwule Mann im geschmackvoll eingerichteten Heim gezeigt wurde.

Ich begann Freunde, Paare in ihrem eigenen Lebensumfeld zu fotografieren. Mit einigen verabredete ich sogar Treffen "im Bett". Ich wollte Sex, Zärtlichkeit und Freundschaft auf eine Art und Weise zeigen wie ich sie in den frühen neunzehnhundertachtzigern erlebte. Worüber der Kritiker Ulf Erdmann Ziegler denn auch in einer Kritik deranläßlich der Ausstellung “Schwules” bemerkte: "Wie Michalak neben Bett und Liegewiese noch zum fotografieren kommt nimmt schon Wunder." Auf einigen Bildern bin ich tatsächlich selbst zu sehen.

Ein Berliner Fotograf, der ebenfalls sehr authentische Bilder seines Lebensumfeldes machte war damals Jürgen Baldiga. Mit ihm zusammen stellte ich 1986/87 meine Bilder unter dem Titel "Schwules" aus. Wir wollten provozieren gegen die unserer Meinung nach zu schönen und entfremdeten Images von Schwulen. Das Plakat zur Ausstellung zeigt zwei heulende Selbstporträts.

Die Arbeit besteht aus einer Serie von sechs mal zwei Fotografien, die körperliche Begegnung und Sexualität zum Thema haben, einigen Bildern, die von eher freundschaftlichen Kontakt zum Gegenstand hattenbestimmt sind, sowie einigen Porträts.

Damals spielte Aids für mich noch keine wesentliche Rolle und kommt in den Arbeiten nicht vor. Kurz vor der Ausstellung dieser Arbeit im Januar 1987 starb mir erstmals ein Freund.

Jürgen Baldiga starb 1993 an den Folgen von AIDS.

 

   
Schwules, 1984-1986
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