Projektbeschreibung  
   

Das Getragenwerden ist eine im Erwachsenenalter sehr seltene Erfahrung, die sich in der Regel nur in extremen Lebenslagen, nach Unfällen, bei Krankheit und Schwäche ergibt. Das tradierte Motiv der Pietà zeigt meist die extremste Form von Schwäche und Krankheit, den Tod. Außerhalb dieser Situationen gilt getragen werden als Zeichen von Schwäche, Faulheit und Passivität. Gesellschaftlich ist getragen werden – zumindest für Männer – nicht akzeptiert. Die Pietàs handeln vom tragen und getragen werden.

Die Sequenz beginnt immer mit einem Bild, in dem Tragender und Getragener gleichberechtigt nebeneinander stehen. Eine offene Ausgangssituation. Im Verlauf der Sitzung ziehen die Porträtierten ihre Kleidung aus. Sie zeigen mehr, wirken verletzlicher, setzen sich dem "Gesehen werden" des Kameraauges, damit dem öffentlichen Blick aus.

Während ich in den Vorstudien zu dieser Arbeit noch abwechselnd beide Rollen einnahm, entschied ich mich später für eine neutrale tragende Rolle mit deren Hilfe ich das unterschiedliche Einlassen der Porträtierten auf die Situation des Getragenwerdens untersuchen konnte.

Bei den Porträtierten handelt es sich um schwule Männer aus meinem unmittelbaren Freundeskreis. Das Tragen und Getragenwerden für diese Personengruppe bald existentielle Bedeutung haben würde, war 1987 nur im Ansatz erkennbar.

  Pietàs, 1986-1987
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